Seit 15. November zählten wir im Pfuusbus, unserer Notschlafstelle beim Albisgüetli, 4'965 (Vorsaison 4’093) Übernachtungen von 251 (230) verschiedenen Menschen. Auffallend war, dass viele Gäste psychisch teils schwer angeschlagen waren, was höchste Ansprüche an die Betreuung stellte, um allen Gästen einen ruhigen, sicheren Aufenthalt zu ermöglichen. Im Iglu, unserer Notschlafstelle für obdachlose Wanderarbeiter, zählten wir 3’902 (2'698) Übernachtungen von 513 (324) Schutzsuchenden. Auch in dieser Notschlafstelle waren unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stark gefordert. Den Angestellten wie auch unseren Freiwilligen gebührt daher grosse Achtung und ein dickes Merci für den generösen Einsatz. Und unseren Spenderinnen und Spender der grosse Dank für die treue Unterstützung. Ohne ihre finanziellen Beiträge könnten wir Pfuusbus und Iglu nicht in der heutigen Form anbieten.
Nachhall der Pandemie
Worauf der markante Anstieg der Übernachtungszahlen im Vergleich zum Vorjahr zurückzuführen ist, lässt sich nicht abschliessend beurteilen. Weil die vorangehenden Saisons im Zeichen der Covid-Pandemie standen, dürfte der Wegfall der Corona-Massnahmen (Testpflicht, Abstands- und Hygieneregeln) eine Rolle gespielt haben. Obdachlose getrauten sich wieder in die Notschlafstellen, ohne sich dabei der Gefahr einer Ansteckung auszusetzen und unangenehme Covidtests über sich ergehen lassen zu müssen. Ein Faktor könnten die gesellschaftlichen Verwerfungen sein, welche die Pandemie hinterlassen hat. Wer bereits vor der Pandemie in prekären Verhältnissen lebte, dürfte in der Pandemie weiter an den gesellschaftlichen Rand gedrängt worden sein – insbesondere, wenn es sich dabei um psychisch belastete, vereinsamte Menschen handelt. Vor allem im Pfuusbus suchten auffallend viele Menschen mit psychischen Erkrankungen Schutz und Zuflucht – für die Betreuung eine enorme Herausforderung.
Boomender Arbeitsmarkt und ausgetrockneter Wohnungsmarkt
Zugenommen hat auch die Zahl obdachloser Arbeitsmigranten. Mit dem Wegfall der covid-bedingten Reiseeinschränkungen in Europa und wegen der grossen Nachfrage nach Arbeitskräften auf dem Schweizer Arbeitsmarkt ist auch die Zahl der arbeitssuchenden Migranten aus ganz Europa gestiegen. Etliche fanden eine Anstellung, konnten sich aufgrund der hohen Preise hier aber auf die Schnelle keine Bleibe organisieren und waren vorübergehend obdachlos.
Viel Arbeit für unsere Kältepatrouillen
Trotz guter Belegung: Längst nicht alle Obdachlosen Zürichs nutzen die Notschlafstellen. Sei es, weil sie Einzelgängerinnen und Einzelgänger sind und Angst vor engen Räumen und Menschenansammlungen haben, sei es, weil sie die Angebote nicht kennen. Auch um diese Menschen kümmern wir uns. Während der Wintersaison waren – zusätzlich zu unserer Aufsuchenden Gassenarbeit tagsüber – in vielen Nächten Patrouillen des SWS im ganzen Stadtgebiet unterwegs. Total zählten sie bei 95 (63) Einsätzen 1'467 (426) Begegnungen. Die Patrouillen suchten das Gespräch, wiesen auf soziale und medizinische Angebote hin und begleiteten zu Notschlafstellen. Obdachlosen, die draussen bleiben wollten, händigten sie zum Schutz vor Kälte und Nässe Schlafsäcke und warme Kleider aus. Eine Herausforderung stellten in der abgelaufenen Wintersaison Migranten auf der Durchreise dar, die in Zürich strandeten und nachts in der Nähe des Zürcher Hauptbahnhofs – oft mit nichts weiterem als ihren Kleidern am Leib – auf die Abfahrt der ersten Züge in Richtung Frankreich und Deutschland in der Kälte ausharrten. Unsere Patrouillen versahen sie dem Nötigsten (warme Getränke, Decken, Snacks).